Und weiter geht die Reihe der Kurzgottesdienste – heute mit Gründonnerstag.
Am Ende des Clips wartet noch eine kleine Überraschung. Wir wünschen gute Gedanken und viel Spaß!
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Zum Nachlesen
Online Impulse Ostern 2021 Gründonnerstag
Hallo und Willkommen bei den Osterimpulsen 2021
Ich bin Julia Cord, Prädikantin in der Petrusgemeinde Rastatt. Ich lade euch ein zum Gründonnerstag-Impuls.
Wenn ich mir diese Runde am Gründonnerstag-Abend vorstelle, Jesus und seine 12 Jünger, bin ich ganz neidisch. Es sitzen Leute aus 13 verschiedenen Haushalten ganz nah beieinander und essen ein Festmahl. Ja, dazu hätte ich auch Lust. Sie reden, trinken das eine oder andere Becherchen Wein, diskutieren, frotzeln vielleicht. Sie teilen ihren Glauben, erinnern sich an dieses erste Passah Fest zu Zeiten Mose. Ich stelle mir das wirklich sehr schön vor. Und dann?
Jesus sagt unvermittelt: Einer unter euch wird mich verraten. Schluss mit lustig. Jesus der Party Crasher? Jesus der nun mitten in die Runde den Vorwurf, ja die Prophezeiung wirft: einer von euch wird mich verraten an meine Feinde, mich ausliefern. Einer von euch ist böse. Ist kein echter Freund. Ist der Wolf im Schafspelz
Was wäre meine Reaktion? Was würde ich sagen? Ich würde kurz denken: Oh je, Jesus redet bestimmt kein dummes Zeug. Also, wer um alles in der Welt von meinen Kumpels ist so ein Verräter? Ich würde in die Runde schauen, auf Anzeichen der Peinlichkeit, des Erwischt-Seins achten, wer senkt den Blick? Wer lacht gekünstelt? Wer ist hier der miese Kerl?
Aber in der Bibel bei Matthäus steht es ganz anders. In Kapitel 26,22 lesen wir: Und die Jünger wurden betrübt und fingen an, jeder einzeln zu Ihm (Jesus) zu sagen: „Herr, bin ich’s?“
Diese Reaktion finde ich äußerst seltsam, befremdlich, ja fast unnatürlich. Einer nach dem anderen fragt sich also, ob er es gewesen sein könnte. Und das sage ich bewusst so: „gewesen sein könnte“. Denn eigentlich, wenn man nicht völlig umnachtet handelt, weiß man doch, ob man für eine Handlung verantwortlich ist, weil man sie getan hat – oder eben nicht. Oder ist es etwa doch nicht ganz so einfach?
Jesus nennt keinen Namen.
Es sagt nur: Der mit mir sein Brot in die Schüssel taucht, der ist es. Nun, das mit dem Brot haben alle gemacht. Ein gemeinschaftliches Gefäß mit dampfendem Essen steht da, für alle in greifbarer Nähe. Und jeder hat vorher schon sein Brot hineingetaucht, das ist so üblich. Also: Jeder kann es gewesen sein.
Hier geht es nicht um Schuldzuweisungen. Hier geht es um das grundsätzliche sündige, schuldig-sein-Können. Der Apostel Paulus sagt es so im Römerbrief:
Klar, Jesus macht hier deutlich, einer, es wird Judas sein wie wir wissen, wird mich verraten. Aber zugleich geht es Jesus nicht um diesen Judas. Nicht Judas ist hier der Bösewicht und alle anderen sind die Unschuldslämmer. In allen steckt ein Judas-Anteil. Judas ist doch wie die anderen mit Jesus drei Jahre unterwegs gewesen und hat allerlei Predigten und Wunder erlebt. Er war so geschätzt, dass er der Finanzmeister wurde, er verwaltete das Geld der 13 Männer. Judas war nicht einfach böse. Er war vielleicht sogar sehr sympathisch, bis zu diesem Moment, wo er Jesus verrät.
An dieser Schuld wird er zugrunde gehen, sich an einem Baum aufhängen. Judas wird so verzweifelt sein, dass er noch vor Jesus stirbt. Wenige Stunden nach seinem Verrat.
Was bedeutet es, dass in jedem ein Judas-Anteil steckt? Diese Erkenntnis tut weh, macht mich nicht glücklich. Ich mag diese dunkle Seite in und an mir nicht wahrhaben. Ja manche würden sie komplett leugnen. Bis… Ja bis man eben doch eines Tages in eine Situation kommt, in diesen Zerbruch wo man merkt: Ich wollte das Gute, aber das Böse habe ich getan. Das ist allzu menschlich. Doch, wie mit diesem Schuldbewusstsein umgehen?
Jesus macht es wieder einmal vor: Nach dieser Fragerunde: „Herr bin ich’s?“ feiert er das Abendmahl, diese Vergebungsfeier. „Und er nahm den Kelch und dankte gab ihnen den und sprach. Trinkt alle daraus, das ist mein Blut das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden.“
Ist das nicht großartig? Jesus deckt nicht nur unsere dunkle Seite auf, damit wir sie erkennen. Er sorgt mit derselben Bewegung dafür, dass diese dunkle Seite in uns nicht weiterhin Macht über uns hat. Die Schuld ist weg, egal welche. Egal.
Wie gehst du damit um? Kannst du‘s glauben? Judas konnte es nicht glauben. In seiner Scham, Enttäuschung über sich selbst suchte er das schnelle Ende. Dabei hätte Jesus auch ihm vergeben, da bin ich mir sicher. Wenn Judas ihn nur gebeten hätte.
Und so möchte ich lieber mit den Worten von Martin Luther beten. Er hat es so wunderbar auf den Punkt gebracht:
Was mein Glaube sein soll
Martin Luther
Mir ist es bisher wegen
angeborener Bosheit und Schwachheit
unmöglich gewesen,
den Forderungen Gottes zu genügen.
Wenn ich nicht glauben darf,
dass Gott mir um Christi willen
dies täglich beweinte Zurückbleiben vergebe,
so ist’s aus mit mir.
Ich muss verzweifeln.
Aber das lass ich bleiben.
Wie Judas an den Baum mich hängen,
das tu ich nicht.
Ich hänge mich an den Hals
oder Fuß Christi wie die Sünderin.
Ob ich auch noch schlechter bin als diese,
ich halte meinen Herrn fest.
Dann spricht er zum Vater:
Dieses Anhängsel muss auch durch.
Es hat zwar nichts gehalten
und alle deine Gebote übertreten.
Vater, aber er hängt sich an mich.
Was will’s! Ich starb für ihn.
Lass ihn durchschlupfen.
Das soll mein Glaube sein.
Ja auch für dich und mich wurde am Kreuz die Schuldfrage ein für alle Mal geklärt. Die Schuld durchkreuzt. Was bleibt uns zu tun? Dieses unglaubliche Angebot annehmen lernen. Und staunen, Staunen, wie groß seine Liebe ist.
Gebet:
Herr, bin ich‘s?
Diese Frage macht mich betroffen.
Denn ich bin nicht immer schuld,
aber doch viel zu oft.
Schuld an meinen Mitmenschen,
Dir bin ich auch so manches schuldig geblieben
Der Judas-Anteil in mir lässt sich nicht leugnen.
Aber Du hast den Ausweg für mich.
Mit dem Abendmahl, mit deinem Tod kommt die Befreiung.
Und so nehme ich diese Möglichkeit gerne an:
Ich halte mich einfach an dir fest
Und du wirst mich durchbringen.
Du hast es versprochen.
Dafür danke ich Dir Herr.
Amen