Ostersonntag 2021

Der Herr ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden! Deswegen euch allen frohe Ostern und gute Gedanken mit unserem heutigen Kurz-Gottesdienst.

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Herzlich willkommen bei den Osterimpulsen 2021

Ich bin Julia Cord, Prädikantin der Petrusgemeinde Rastatt. Heute: Ostersonntag

Der Herr ist auferstanden. Er ist wahrhaftig auferstanden. So klingen die freudigen Stimmen normalerweise an diesem Ostersonntag. Und ja, trotz der jetzigen Pandemie bleibt diese Tatsache bestehen. Der Herr ist auferstanden!
Aber ein Wermutstropfen bleibt doch. Ostern, abgespeckt, vielleicht ganz ohne Besucher? Auf jeden Fall ganz anders. Vieles bleibt fern. Kirche, Gemeinschaft, gemeinsames Singen, das Abendmahl…. Und Jesus, der Auferstandene, ist der auch fern?

Wenn ich ehrlich bin: mir ist dieser Jesus oft fern. Ferner als mir lieb ist. Auf Abstand eben, mit Distanz. Schade. Ich hätte ihn so nötig! Eine Geschichte dieser Tage berührt mich umso mehr:

Anfang März passierte es: Was für eine Schweinerei! Diebe reißen die Jesusfigur vom Altar in Möhnesee, 300 Jahre alt und das Herzstück der Kirche. Wer tut so etwas? Sicherlich gottlose Verbrecher, die sich auf dem Schwarzmarkt für Kirchenkunst bereichern wollen. Pfarrer und Gemeinde sind entsetzt. Alle vermissen ihren Jesus am Kreuz schmerzlich und sind tief getroffen. Schrecken denn heutzutage die Leute vor nichts zurück? Natürlich nicht! Das hat man ja schon lange geahnt: Den Menschen ist nichts mehr heilig, Selbstzweck und Kriminalität brechen sich Bahn.

Das kann schon sein. Aber in diesem Fall war es ganz anders! Nur wenige Tage später klingelt der Dieb beim Pfarrer, gibt reumütig die Jesusfigur zurück. Allein das gibt es nicht alle Tage! Doch es kommt noch besser: Im Gespräch legt der Langfinger seine Gründe für den Diebstahl dar: Er habe Jesus seine Sorgen und Nöte persönlich – und wohl auch aus nächster Nähe – sagen wollen. Dafür hat er Jesus einfach mit nach Hause genommen. Der Pfarrer ist berührt, die Strafe bleibt aus. Der Altar wird wieder komplett. Alles wieder gut!

Mich hat jener Fall seit Tagen beschäftigt. Dieser Mann hat die Ferne seines Jesus so schmerzlich gespürt, dass er ihn gewaltsam, in Form der Altarfigur, mitnahm zu sich nach Hause. Gewiss, das darf man nicht. Das ist nicht in Ordnung. Rein rechtlich gesehen. Aber ist dieser Dieb uns nicht meilenweit voraus? Wer unter uns, die wir heute Morgen Ostern feiern, die Auferstehung Christi, hat denn so eine enorme Sehnsucht nach der Nähe zu seinem Herrn, dass er zu solchen Mitteln greift? Man kann sagen: Es ist ja nur eine Figur. Man kann aber auch dieses tiefe Herzensbedürfnis, dieses Verlangen nach Präsenz, nach unmittelbarer Gegenwart bewundern.

Gott wohnt nicht nur im Himmel, er ist heruntergekommen und will unter uns sein. Seit der Auferstehung ist das überhaupt möglich. „Ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“ Den meisten mag diese Aussage genügen. Dieser Mann brauchte mehr. Er hatte dieses tiefe Vertrauen, dass Jesus wirklich interessiert ist an seinen Sorgen, und wollte ihn darum so nah wie möglich bei sich haben. Wie oft täte diese Einstellung mir gut? Einerseits dieses grundsätzliche Vertrauen in die Jesus-Mensch–Beziehung? Und andererseits jene hemmungslose Hingabe? Wann habe ich das letzte Mal so mit IHM geredet, als wäre er neben mir auf dem Sofa und nicht nur im „Irgendwo“? Ich mag diesen Gauner, diesen frommen Dieb irgendwie. Auch wenn seine Aktion verwerflich sein möge, der Beweggrund macht mich ganz still.

Und ich frage mich: was hat der Dieb in den vier Tagen, als er die Figur des Jesus zuhause hatte, getan? Hat er wirklich davor gesessen, mit Tränen in den Augen, hat Jesus seinen Kummer anvertraut? Hat er ehrlich Bilanz gezogen? Hat er es geschafft – was mir sehr selten gelingt – sich zu konzentrieren und Jesus das ganze Leben vor die Füße gelegt? Und wenn ja, wie ging es ihm dabei? Wir wissen es nicht. Das ist Spekulation.

Vielleicht ist das aber auch ein ganz heiliger Moment gewesen für den Dieb. Jesus ist nah, zum Anfassen nah. Geht nicht weg, wendet sich nicht ab. Und hört einfach zu. Hat der Langfinger Antworten gekriegt auf seine Fragen?
Ich hätte Fragen, das kannst du mir glauben! Nicht nur weltpolitische Fragen, auch jene, die mein Herz schwer machen. Fragen, die bohren, die brennen, die wie ätzende Säure seit Jahren das Herz anfressen. Oh ja, ich hätte Fragen! Und die Vorstellung, dass jemand diesen heiligen Moment hat, wo Jesus ganz für ihn da ist, der macht mich fast neidisch. Muss es das?

Nein, denn Jesus hat ja nicht nur DIESEM Mann versprochen bei ihm zu sein. Er hat es auch mir versprochen. Und dir. Was ist also mein Problem? Suche ich vielleicht wie die Frauen damals vor 2000 Jahren den Lebendigen bei den Toten? Vermutlich!

Jesus, der Lebendige hat mit unseren toten Gedanken nichts gemein. Er ist auf der Sonnenseite des Lebens. Nicht im Tal der Schatten. Aber von dieser Sonnenseite aus beleuchtet er mein Dunkel, und auch deins. Und wie komme ich aus dem Dunkel raus?

Durch Nachfolge! Denn Jesus sagte: Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt wird nicht im Dunkeln herumstolpern sondern das Licht des Lebens haben. Um das deutlich zu machen zünden wir die Osterkerze an. Jede Taufkerze wird an ihr angezündet. Und all die Lichter, die wir am Ewigkeitssonntag anzünden zum Gedenken an unsere Verstorbenen. Ostern ist eine Lichtstraße zum Vater.

Ich habe keinen Jesus gestohlen, aber ich kann eine Kerze hier zuhause anzünden. Die mir sagt: Hey, sei nicht so traurig. Ich habe längst deinen Weg ausgeleuchtet. Schau doch hin. Da ist dein gut beleuchteter Weg. Vielleicht nur Licht für den einen kleinen Schritt jeden Tag. Aber eben Licht und kein Dunkel. Keine Finsternis.

Warum hat der Gauner den Jesus wohl zurückgebracht? Vielleicht aus schlechtem Gewissen. Vielleicht aber auch, weil Dinge grundsätzlich geklärt wurden für ihn. Er hat Antworten bekommen. Lösungen. Und wenn er richtig Glück hatte, dann hat er Jesu leise Stimme gehört, die ihm sagte: Fürchte dich nicht. Ich habe auch dich bei deinem Namen gerufen. Du gehörst zu mir. – Und dann konnte er die Figur zurückgeben.

Ich wünsche mir und dir, dass wir diese Gewissheit auch haben dürfen. Und dass unser Herz ruhig wird. ER lebt. Und damit kann auch ich leben. Und das nicht nur heute, nein, für immer. Heute hier, einst dort. Der Weg ist frei. Und Licht leuchtet. Von Ostern her. Auch für dich.

Gebet:

Herr, mein Dunkel will mich einsperren
Meine Gedanken machen mich krank
Ich kann dich oft nicht sehen
Nicht spüren
Und dann mag ich dich auch einfach packen
und nach Hause nehmen.
Dabei wohnst du längst bei mir
Längst.
Ich habe dich nur nicht erkannt
Du teilst mit mir den Tisch, den Bürostuhl
Du schaust mir beim Kochen zu
und gräbst mit mir im Garten
Du bist nicht fern
Weil du lebst, weil du eben nicht tot bist
sondern auferstanden.
Mach mir Herr das deutlich.
Ich mag dich ganz hier haben. Ganz.
Hab Dank für alle Begleitung bis heute
und wenn mir wieder graue Gedanken kommen
lass mich deine Nähe spüren.
Herr erbarme dich.
Amen