Gottesdienst 11.04.2021

Der heutige Gottesdienst findet wieder online statt – als Video mit Predigt und Lobpreis.

Claudia Procula ist die Gattin von Pontius Pilatus. Als dieser über Jesu Schicksal urteilt, warnt ihn seine Frau, Jesus zu verurteilen. Wie es mit dieser mutigen Frau weitergeht und was das mit dir zu tun hat, darüber predigt Julia Cord in diesem Kurzgottesdienst.

Video mit Predigt und Lobpreis

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Zum Nachlesen

Welche Folgen hat Ostern – für dich?
Sind es ein paar Pfunde zu viel auf der Waage? Hast du dich erholt an ein paar freien Tagen zusätzlich? Oder hast du dich neu ausrichten können, dein Glaubensleben aufgefrischt?
Heute möchte ich euch von einer Frau erzählen, für die Karfreitag und Ostern mehr bedeutet hat, als ihr vielleicht lieb war. Dabei war sie mir bis vor kurzem noch unbekannt.
Ich bin Religionslehrerin und erzähle jedes Jahr die Passionsgeschichte. Ich würde sagen: da bin ich Profi. Aber diese kleine Begebenheit kannte ich bis vor wenigen Tagen noch nicht, ich habe sie überlesen.
Ich las mit meinen Schülern den Text über die Verurteilung von Jesus bei Pontius Pilatus. Und da tauchte sie auf: die Frau des Pilatus. Nur Matthäus schildert diese Frau, namenlos. Mit einem einzigen kleinen Satz. Da steht:

Während Pilatus auf dem Richterstuhl saß, ließ ihm seine Frau sagen: Lass die Hände von diesem Mann, er ist unschuldig. Ich hatte seinetwegen heute Nacht einen schrecklichen Traum.“

Matthäus 27,19

Wir erfahren nicht, was Pilatus ihr antwortete. Es scheint nicht wichtig zu sein. Wie wir wissen, hat er auf diese Bitte nicht reagiert, er ließ Jesus töten. Denn: Ein römischer Hausherr, der pater familias, hatte damals unbegrenzte Macht, er durfte sogar ungestraft Familienangehörige töten lassen.
Aber dennoch: Was ist das für eine merkwürdige Situation? Was wissen wir über diese Frau?

In der Bibel wird sie nicht mehr erwähnt. Schade. Ich war gerade neugierig geworden! Ausleger der Bibel haben zwei verschiedene Möglichkeiten in Betracht gezogen. Die einen betonen, Gott habe der Frau von Pilatus diesen Traum geschickt. Es wäre damit die letzte Möglichkeit der Verschonung gewesen. Wenn Pilatus auf seine Frau gehört hätte, wäre Jesus frei gekommen. Andere Ausleger, auch Martin Luther, sehen in diesem Traum einen Versuch vom Teufel. Wieso? Weil, wenn Jesus nicht gekreuzigt worden wäre, das ganze Heilsgeschehen um Tod und Auferstehung nicht zustande gekommen wäre.
Vielleicht ist auch darum diese Episode in der Bibel unter den Tisch gefallen. Jesus musste doch sterben! Für uns. Und ohne Tod keine Auferstehung.

Trotzdem frage ich mich: Was war das für eine Frau? Warum hatte diese römische Edeldame so ein Interesse an einem Gefangenen, den sie nie vorher gesehen hatte? Wie ging es ihr, nachdem Pilatus das Todesurteil ausgesprochen hatte? Wie ging es ihr, als Jesus doch sterben musste – trotz ihrer Warnung? Es kann ihr doch nicht egal gewesen sein.
Und: Hatte sie in den folgenden Tagen mit großem Interesse verfolgt, was anschließend passierte? Hatte sie je gehört von dem, was die Juden über das leere Grab sagten? Sie, die römische Edeldame, Tochter des Kaisers Tiberius, Enkelin des Augustus?
Ich wollte mehr wissen. Und ich fand mehr zu dieser unbekannten Frau.

Sie hat natürlich einen Namen: Claudia Procula. Am spannendsten ist ein Text, den wir von Gertrud von le Fort besitzen: Sie schrieb eine Novelle über Claudia Procula.
Dort kann man lesen, dass Claudia am Vorabend der Verurteilung Jesu einen folgenreichen Traum hatte.
Nun, dass Gott spricht durch Träume ist ja nicht neu. Im Alten wie im Neuen Testament gibt es viele Beispiele dafür. Auch Claudia ist so von diesem Traum überzeugt, dass sie ihren Mann mitten in seiner Arbeit stört. Wie ungewöhnlich. Das durfte sie nicht. Sie ließ ihm sagen: ‘Lass ihn frei. Er ist unschuldig!‘ Pontius Pilatus ignorierte diese Intervention. Kannte er kein Erbarmen? Oder ließ er sich von seiner Frau nichts sagen? Sicher ist, dass er unter Druck stand. Gerade wird verhandelt, wer zum Anlass des Passahfestes frei kommen soll. Barabbas oder Jesus. Das Volk schreit: ‚Begnadige Barabbas, kreuzige Jesus! ‘ Da ging wohl die Bitte der Gattin einfach unter.

Geht es uns nicht auch manchmal so wie Pilatus? Wenn laute Stimmen um einen etwas fordern, drängend, erpresserisch fast? Und dann ist da eine leise Stimme dazwischen, die genau das Gegenteil flüstert? Wir neigen doch genau wie Pilatus dazu, dem enormen Druck zu entfliehen, die leise Stimme zu ignorieren. Pilatus tat, was viele täten. Er beugte sich dem Willen des Volkes. Nur kein Aufstand jetzt! Das mit seiner Frau konnte warten.
Wie es weiter ging, können wir in der Bibel lesen: Jesus wurde gekreuzigt. Was wir dort nicht lesen ist, wie es mit den Eheleuten Pilatus und Claudia weiterging.

Jahre später, Pilatus ist zurückgerufen worden nach Rom samt Familie. Dort gab es einen Brand im Armenviertel.
Und auch hier ist es nicht anders wie heute. Die Schuldigen werden gesucht. Oder besser: diejenigen gefunden, die man sowieso loswerden will: damals waren es die frühen Christen der Stadt, die Nazarener.

Diese Untergrundchristen wurden verfolgt. Nero hatte das Sagen und jagte diese armen Gläubigen erbarmungslos. Was Pilatus nicht wusste: seine Frau Claudia hatte seit Jesu Tod nicht aufgehört, sich für diesen Mann zu interessieren. Sie hatte sich heimlich den Christen angeschlossen. Sie war unbemerkt immer wieder zu deren Treffen in den Katakomben Roms gegangen. Sie, die römische Edeldame. Die Christen haben ihr nicht so ganz über den Weg getraut. Denn sie ließ sich nie taufen. Dieses Hintertürchen ließ sie sich offen. Wir wissen nicht warum. Vielleicht saß sie zu sehr zwischen den Stühlen? Vielleicht konnte sie diesen Schritt nicht gehen, weil es zu viele Konsequenzen gehabt hätte?

Auch hier erkenne ich mich wieder. Es gibt immer mal wieder Situationen, wo man am Scheideweg steht. Und es scheint einfacher zu sein, sich nicht klar zu entscheiden. Man macht bei allem eben nur ein bisschen mit. Claudia war tagsüber Edeldame am Hof, nachts Christin, die betete mit anderen Verfolgten. Ihr Glaube musste halt noch wachsen. Sie konnte nur so leben.
Wie oft lebe ich in solchen Halb-und-Halb-Situationen? Sonntags in die Kirche gehen und wochentags über einen schlechten Witz auf Kosten von gläubigen Menschen lachen ? Bestürzt die Nachrichten schauen und das Elend der Armen und Verfolgten schlimm finden, das Geld aber lieber für eigene Zwecke gebrauchen statt zu spenden? Nein, von konsequentem Leben, das Folgen hat, bin ich weit entfernt. Und du vielleicht auch.

Aber dann überrollten die Ereignisse alle. Nero ließ die Christen nachts festnehmen, als Strafe für den Brand, den sie angeblich gelegt hatten. Und Claudia war zufällig an diesem Abend dabei. Sie wurde von Soldaten mitgeschleppt, ins Gefängnis geworfen.
Ich bin sicher, sie hätte freikommen können. Ich bin sicher, es wäre ein Leichtes für sie gewesen, aus der Gefahr zu fliehen. Ihr Mann war doch so mächtig! Aber nun entschied sie sich. Für das Christ – sein. Mit allen Konsequenzen. Sie sagte den Soldaten nicht, wer sie wirklich war. Sie bekannte sich zu den Nazarenern. Und damit setzte sie ein viel deutlicheres Zeichen als eine Taufe im Versteck. Sie konnte innerlich nicht mehr zurück. Denn wäre sie dem Gefängnis entronnen, was hätte das bedeutet? Sich feige aus dem Staub machen? Den Glauben verleugnen? Sagen: „Das ist alles nur ein Irrtum. Da gehöre ich nicht dazu“ Sie wählte den anderen Weg.

Die Gruppe wurde nun in den Circus Maximus geführt und von hungrigen Raubtieren angefallen, getötet. Nero ergötzte sich am Gesicht des fassungslosen Pilatus, der seine Frau in der Arena wiedererkannte. Pilatus, der nicht glauben konnte, was er nun geboten bekam. Der völlig ahnungslose Mann musste zusehen wie Claudia starb. Er konnte es nicht verhindern. Nichts mehr mit ‚Hände waschen in Unschuld‘. Das Unrecht, dass er damals ausgesprochen hatte, holte ihn ein. Und das Liebste, was er hatte, wurde vor seinen Augen in der Arena von wilden Tieren in Stücke gerissen.

Sie starb nicht, weil es ein dummer Zufall wollte. Sondern weil sie nur diesen Weg sah. Zurück an den Hof, den Glauben an Jesus verleugnen – das ging jetzt nicht mehr. Eine teure Entscheidung. Eine klare Entscheidung.

Sie wird zur Märtyrerin und später in der orthodoxen Kirche heiliggesprochen.
Wir Protestanten haben es nicht so mit Heiligenfiguren. Aber diese Geschichte ist dennoch absolut erzählenswert. Ob sie sich wirklich so zugetragen hat, wissen wir wie so vieles nicht. Aber es ist gut möglich.
Wenn es so war, dann bewundere ich diese Frau. Sie wagte, ihrem Mann ins Gewissen zu reden, mitten in einer Gerichtsverhandlung! Was für eine Frechheit für eine adelige Frau! Das war allein schon mutig und ungewöhnlich. Vermutlich war die Liebe zwischen den Ehepartner groß, das Vertrauen auch. Sonst hätte dieses Einmischen Folgen gehabt für Claudia.
Und das Schicksal Jesu lässt sie nicht mehr los. Sie folgte ihm auf ihre Weise. Sie pflegte den verbotenen Kontakt mit den frühen Christen. Und sie wusste, wie gefährlich das war. Dass sie hin und her gerissen war beweist ihre Weigerung, sich taufen zu lassen. Eine reine Mitläuferin war sie also nicht. Und dann dieses dramatische, tragische Ende.
Das hält Pilatus nicht aus. Den Verlust, die Schuld, die Demütigung und Ohnmacht. Er nimmt sich das Leben. Und wir?

Wir nennen ihn immer noch, in unserem Glaubensbekenntnis. ‚Gelitten unter Pontius Pilatus‘.
Claudia, seine Frau, bleibt in unserem Glaubensbekenntnis unerwähnt. Aber sie hat das Richtige getan:
Die Wahrheit erkannt.
Den Mächtigen gewarnt,
den Mund aufgemacht.
Und sie hat dafür grade gestanden, bis zuletzt.
Den Glauben dieser Claudia hätte ich gerne. Und dieser Glaube würde mich lange nicht so viel kosten hier und heute in Deutschland.

Deswegen habe ich mir vorgenommen: Ich will mich neu ausrichten. Ich will mir Kraft holen. Für meine nächsten Schritte, meine nächsten Entscheidungen. Damit meine Nachfolge kein müdes Hinterherschleichen ist. Sondern ein beherztes, mutiges Laufen auf das Ziel hin, das sich als einziges lohnt.

Gebet:

Guter Herr,
du hast so viel für uns getan.
Aber was bedeutet dein Leiden, deine Auferstehung konkret für uns?
Hilf, dass wir nicht so schnell über dein großes Geschenk hinweggehen,
dass uns unser Alltag nicht wieder so rasch gefangen nimmt.
Herr, bitte schenke uns die Einsicht, dass du auf unsere Reaktionen wartest.
Wir müssen kein Leid befürchten wie verfolgte Christen damals und heute in der Welt.
Wir müssen nur aus unserer Bequemlichkeit ausbrechen
Uns hinterfragen und beherzte Schritte gehen.
Schritte in deinen Fußspuren.
Bitte gib uns die Kraft und den Willen dazu.
Schenk uns die Einsicht, dass wir alle nur so gewinnen können.
Amen
Betende Hände

Jesus sagt: Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan.
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